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Der Sieg
Flavius Josephus, De bello Judaico, VII, 3, 116-7
Die
Beschreibung eines Triumphzuges
Flavius Josephus, De bello Judaico, VII, 3, 116–7, 158
"3.116. Titus setzte dann, wie vorhergesehen, den Marsch nach
Ägypten fort, durchquerte auf schnellstem Wege die Wüste
und kam nach Alexandria. Da er nun beschlossen hatte, nach Italien
zu fahren, entliess er die beiden Legionen, die seinem Befehl bisher
unterstellt waren, jede an ihren Standort, von dem sie zu ihm gestossen
war : die fünfte nach Mösien und die fünfzehnte nach
Pannonien. Aus den Gefangenen aber wählte er zunächst einmal
die Anführer Simon und Johannes sowie eine Zahl von weiteren
700 Männern aus, die sich duch besonders hohen Wuchs und körpeliche
Schönheit auszeichneten, und befahl, diese unverzüglich
nach Italien zu schaffen, da er sie in seinem Triumphzuge vorzuführen
gedachte. Nachdem die Fahrt für ihn ganz nach Wunsch verlaufen
war, holte ihn die Stadt Rom zum Empfang mit den gleichen Ehren ein,
wie damals seinen Vater. Insofern war freilich der Einzug für
Titus noch besonders glorreich, als der Vater selbst ihm entgegenkam
und ihn willkomment hiess. Der Menge der römischen Bürger
aber wurde es dabei beschert, mit geradezu gottbegeistertem Entzücken
den Anblick der drei nun miteinander Vereinten zu erleben. Nur wenige
Tage vergingen, da fassten sie den Beschluss, nur einen einzigen gemeinsamen
Triumph ihrer siegreich vollbrachten Taten zu feiern, obwohl der Senat
einem jeden der beiden seinen eigenen Triumph zugebilligt hatte. Da
der Tag, an dem der Festzug für den Sieg stattfinden sollte,
schon vorher öffentlich angekündigt worden war, blieb an
ihm kein einziger von dieser unermesslichen Menschenmenge in der Stadt
zu Hause. Alle rannten auf die Strassen hinaus und besetzten jedes
Fleckchen, auf dem man irgendwie noch stehen konnte, so dass gerade
nur noch soviel Platz übrig blieb, als zu dem mit soviel Schaulust
erwarteten Durchzug unbedingt erforderlich war.
4.123. Es war noch dunkle Nacht, als bereits das ganze Heer in Reih
und Glied unter seinen Offizieren ausgerückt war und um die Tore
stand, und zwar nicht um die des oberen Palastes, sondern um die in
der Nähe des Isistempels, denn dort hatten die Feldherren während
jener Nacht geruht. Als die Morgenröte gerade aufging, traten
Vespasian und Titus heraus. Sie waren schon mit Lorbeer bekränzt,
aber noch mit den herkömmlichen Purpurgewändern angetan
und begaben sich so zu den Hallen der Octavia. Dort erwarteten nämlich
der Senat, die Spitzen der Behörden und die Vornehmsten aus dem
ritterlichen Stand ihre Ankunft. Vor den Säulenhallen aber war
eine Bühne aufgebaut, auf der elfenbeinerne Sessel für sie
bereitstanden. Auf diese schritten sie zu und setzten sich nieder,
worauf das Heer sofort in jauchzenden Beifall ausbrach und ihnen alle
Soldaten in vielstimmigem Chor ihr Heldentum rühmend bezeugten.
Auch die Soldaten trugen übrigens keine Waffen, sondern waren
mit Seidengewändern bekleidet und mit Lorbeer bekränzt.
Nachdem nun Vespasian ihre Huldigungen entgegengenommen hatte und
sie immer noch nicht mit dem Beifall aufhören wollten, gab er
ihnen das Zeichen zu schweigen. Da trat dann allerseits eine tiefe
Stille ein, und Vespasian erhob sich, verhüllte sich mit dem
Überwurf seines Gewandes das Haupt fast ganz und verrichtete
die vorgeschriebenen Gebete; ebenso betete auch Titus. Nach dem Gebet
wandte sich nun Vespasian mit einer kurzen Ansprache an die ganze
Versammlung und entliess dann die Soldaten zu dem Morgenimbiss, der
ihnen bei dieser Gelegenheit herkömmlicherweise von den Imperatoren
bereitgestellt wurde. Er selbst entfernte sich zu dem Tore, durch
das schon seit alten Zeiten die Triumphzüge geleitet wurden,
woher es auch seinen Namen bekommen hat. Hier nahmen die Fürsten
noch vorher eine Stärkung zu sich. Danach legten sie die Gewänder
des Triumphes an, opferten den Göttern, deren Standbilder neben
dem Tore errichtet waren, und gaben endlich den Befehl zum Aufbruch
für den Triumphzug; und zwar liessen sie ihn seinen Weg durch
die Theater nehmen, um den Volksscharen die Sicht zu erleichtern.
5.132. Man ist ausserstande, die Vielzahl jener Sehenswürdigkeiten
und die Pracht aller jener nur erdenklichen Gegenstände nach
Gebühr zu schildern, seien es nun Kunstwerke, Luxusgegenstände
oder Naturseltenheiten. Fast alles Staunenswerte und Kostbare nämlich,
was begüterte Menschen jeweils nur zum Teil in ihren Besitz gebracht
hatten und was bei jedem Volke verschiedenartig war, wurde an jenem
Tage zusammengetragen, um die Grösse des römischen Reiches
zu veranschaulichen. Denn die vielen Geräte aus Silber, Gold
und Elfenbein in den mannigfaltigsten Formen nahmen sich nicht sosehr
als Teile eines Festzuges aus, sondern flossen, so möchte man
sagen, einem ununterbrochenen Strome gleich dahin : es folgten Gewebe
vom seltensten Purpur und solche, die nach babylonischer Art mit bis
ins Einzelne durchgearbeiteten Darstellungen bestickt waren. Auch
funkelnde Edelsteine, teils in goldene Kronen eingelassen, teils andersartig
verarbeitet, wurden in einer solchen Menge vorübergetragen, dass
jeder die bisherige Annahme, es handle sich dabei doch um seltene
Kostbarkeiten, als Irrtum erklären musste. Auch Statuen der bei
ihnen verehrten Götter von erstaunlicher Grösse, künstlerisch
hervorragend gearbeitet und alle ohne Ausnahme aus kostbarem Material,
wurden vorbeigetragen. Ausserdem wurden Tiere der verschiedensten
Gattungen im Zuge mitgeführt, jedes mit dem ihm zukommenden Schmuck
versehen. Selbst die vielen Träger all der Kostbarkeiten waren
mit purpurnen, golddurchwirkten Gewändern bekleidet; die zum
Geleit des Festzuges Auserwählten aber trugen einen besonders
erlesenen und überwältigenden Schmuck. Sogar an der Schar
der Gefangenen vermisste das Auge nicht den Schmuck; denn hier sollte
die Pracht und Schönheit der Kleidung die unangenehmen Eindrücke
körperlicher Misshandlung dem Blick der Zuschauer entziehen.
Das meiste Staunen aber erregte der Aufbau der getragenen Schaugerüste;
ihre Grösse rief nämlich für die Sicherheit der Ladung
die Befürchtung wach, sie könnten zusammenstürzen.
Unter ihnen gab es nämlich viele von drei und vier Stockwerken;
dabei konnte sich der Zuschauer über die Pracht der Ausstattung
nur mit Erschütterung freuen. Es waren nämlich viele Gerüste
mit golddurchwirkten Geweben umwickelt und an allen waren goldene
und elfenbeinerne Kunstwerke befestigt. Vom Krieg selbst aber wurde
durch viele Nachbildungen ein eindrückliches Bild seiner immer
wieder wechselnden Gestalt gegeben. Da konnte man sehen, wie gesegnete
Landstriche verwüstet wurden, wie sämtliche Schlachtreihen
der Feinde dahinsanken; man sah die einen auf der Flucht, die anderen
auf dem Weg in die Gefangenschaft, das Zusammenbrechen gewaltig hoher
Mauern unter dem Ansturm der Belagerungsmachinen, die Zerstörung
der Widerstandskraft der Festungen und die Einnahme starkbemannter
Stadtmauern von oben her. Weiter konnte man sehen, wie sich das Heer
in die Stadt ergoss, überall Tod verbreitend; dargestellt waren
auch Gruppen wehrloser Menschen, die mit erhobenen Händen um
Gnade flehten, Heiligtümer, die man gerade in Brand gesteckt
hatte, und Häuser, die über ihren Bewohnern zusammenstürzten.
Dann, nach vielen Bildern der Verwüstung und Trostlosigkeit,
folgten Darstellungen von Flüssen. Diese durchzogen aber nicht
bebaute Felder, auch spendeten sie keine Labsal für Menschen
oder Vieh, sie strömten vielmehr durch noch ringsum brennendes
Land - denn alle diese Leiden hatten sich die Juden, als sie sich
auf diesen Krieg einliessen, zugezogen. Die künstlerische Ausgestaltung
und die Grossartigkeit der Gerüste führte die Ereignisse
denen, die sie nicht gesehen hatten, so lebendig vor Augen, als wären
sie selbst dabeigewesen. Auf jedem Gerüst hatte man dem Befehlshaber
der jeweiligen eroberten Stadt in derselben Verfassung, in der er
in Gefangenschaft geraten war, seinen Platz angewiesen. Es folgte
eine Reihe von Schiffen. Als Beute nunmehr wurde das übrige haufenweise
vorbeigetragen; unter allem zeichnete sich das am meisten aus, was
man im Tempel in Jerusalem genommen hatte : ein viele Talente schwerer
goldener Tisch und ein ebenfalls aus Gold gefertigter Leuchter, in
seiner Ausführung aber ganz verschieden von er Art, wie sie bei
uns gewohnt ist. Mitten aus dem Sockel ragte nämlich ein Schaft
empor, der nach Art des Dreizacks in dünne, nebeneinanderstehende
Äste verlief; jeder dieser Äste trug an seiner Spitze eine
aus Erz getriebene Lampe. Es waren deren sieben, um die von den Juden
der Siebenzahl entgegengebrachte Hochschätzung zu veranschaulichen.
Als Abschluss der Beutestücke wurde das Gesetz (= die Torarolle)
der Juden vorbeigetragen. Ausserdem zogen viele Männer mit Statuen
der Siegesgöttin vorüber, die alle aus Gold und Elfenbein
angefertigt waren. Danach zog als erster Vespasian vorbei, und Titus
folgte ihm, während Domitian daneben ritt - er selbst mit glänzendem
Schmuck ausgestattet - auf einem Ross, das der Bewunderung wert war.
6.153. Das Ziel des Festzuges war der Platz beim Tempel des Juppiter
Capitolinus; dort angelangt, hielt man an. Es war nämlich eine
alte, von den Vätern ererbte Sitte, an dieser Stelle zu warten,
bis ein Bote den Tod des feindlichen Feldherrn meldete. In diesem
Fall war es Simon, der Sohn des Giora, der soeben den Triumphzug als
Gefangener hatte mitmachen müssen; jetzt wurde er, einen Strick
um den Hals, unter ständigen Misshandlungen von seinen Henkern
auf den Platz oberhalb des Forums geschleift, wo nach römischem
Recht die zum Tode verurteilten Verbrecher hingerichtet wurden. Als
nun sein Tod gemeldet wurde, brachen alle in lauten Jubel aus, und
die Triumphatoren begannen mit den Opfern. Nachdem sie diese mit den
vorgeschriebenen Gebeten unter günstigen Vorzeichen vollendet
hatten, begaben sie sich in den Palast. Sie baten ihrerseits einige
Festteilnehmer zur Tafel, während für alle übrigen
zu Hause Festmahlzeiten zubereitet waren. Denn diesen Tag feierte
die Stadt Rom als Siegesfest für den Feldzug gegen die Feinde,
darüber hinaus als Ende ihrer inneren Wirren und als Anfang der
Hoffnungen, die man auf eine glückliche Zukunft setzte.
7.158. Nachdem die Feierlichkeiten des Triumphs vorüber waren,
und Vespasian die Lage im römischen Imperium vollkommen gesichert
hatte, beschloss er, der Friedensgöttin einen Tempelbezirk auszubauen;
überraschend schnell war er vollendet, und seine Ausführung
übertraf alle menschlichen Erwartungen. Er setzte einen phantastischen
Aufwand von Reichtum ein und schmückte ausserdem den Bau mit
Werken der Malerei und Bildhauerkunst aus, die in alter Zeit geschaffen
worden waren. In diesem Tempel wurde alles gesammelt und aufgestellt
: früher mussten die Leute zu dessen Besichtigung durch die ganze
Welt reisen, wenn sie sehen wollten, was bis dahin an diesem und jenem
Ort verstreut lag. Hierhin liess er auch die goldenen Weihegeräte
aus dem Heiligtum der Juden bringen, auf die er stolz war. Ihre Torarolle
und die purpurnen Vorhänge des Allerheiligsten befahl er im Palast
niederzulegen und zu bewachen."