Nach
dem wir nun gesehen haben, dass bereits bei Hieronymus ein beträchtliches
Mass an Anpassungen und Veränderungen des adligen Lebensstils
gefordert wurde, wenden wir uns mit
De divitiis (
div.)
einem Text aus dem frühen 5. Jahrhundert zu, welcher der römischen
nobilitas einen noch weitaus radikaleren christlichen Forderungskatalog
unterbreitete.
Ein neues Element, das
div. zu der damals bereits vorhandenen
literarischen Tradition paganer wie christlicher Adelskritik hinzufügte,
bestand darin, dass sowohl jeglicher gute Gebrauch des Reichtums (zum
Beispiel im Sinn von
misericordia) abgelehnt als auch eine
sündenfreie Art des Besitzes von Reichtum als unmöglich
erachtet wurde. Der vermutlich aus Rom stammende, ebenfalls dem Kreis
der christlichen Nobilität zuzuordnende Verfasser dieser Schrift
präsentierte eine konsequente Art einer christlich-adeligen Lebensweise.
Der Verfasser von
div. argumentierte vordergründig auf
einer religiösen Ebene und operierte vor allem mit eschatologischen
Motiven. Implizit wurde jedoch an das Standesbewusstsein der senatsadligen
Audienz appelliert, indem er neue, elitäre Formen von Prestige
präsentierte. Wie sich diese neu propagierte Lebensform in der
Praxis auswirkte, ist in
Tafel 3.5 am Beispiel
von Melania zu beobachten, die sich dieser extremen Art von Wertewandel
radikal unterzogen hatte.