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Heidnischer und christlicher Senatsadel in spätrömischer Zeit >
Der Senatsadel Roms und seine Besonderheiten
Der ordo amplissimus und der Übergang von der Kaiserzeit zur Spätantike
Während
der Senatorenstand in der Frühphase des Kaisertums ein wesentliches
politisches Element darstellte, veränderte sich dessen Situation
in den Stürmen des 3. Jahrhunderts grundlegend. Noch im 2. Jahrhundert
spielten Senatoren eine aktive Rolle in der Armee und der Administration
des Reichs, hingegen standen ihnen nach den Reformen von Gallienus
(253-268) und Diokletian (284-305) nur noch wenige zivile Ämter
zur Verfügung. An die Stelle der Edelgeborenen traten Aufsteiger
aus oft niederen Verhältnissen. Diokletian selbst war Sohn eines
Freigelassenen und dessen Nachfolger Galerius (305-311) ein ehemaliger
Viehhirt aus den Karpaten. Für ihren Stab wählten sie konsequent
Personen mit ähnlichem Hintergrund, und folglich fand sich die
Senatsaristokratie sowohl von den militärischen als auch von
den wichtigen verwalterischen Posten ausgeschlossen. Mit der Mobilität
der neuen Herrscher verlagerte sich auch das Machtzentrum weg von
Rom. Für den Senat wurde es dadurch schwieriger, auf die Politik
Einfluss zu nehmen. Zurück blieb ein Senatorenstand, dem zwar
noch immer ein grosses Mass an sozialem Prestige und wirtschaftlichem
Einfluss erhalten blieb, der jedoch politisch nachhaltig an Gewicht
verlor.
Mit der Regierung
Konstantins (306-337) setzte dann ein Prozess mit umgekehrten Vorzeichen
ein. Einerseits verlieh Konstantin den höheren Beamten und Verwaltern
der kaiserlichen Administration adligen Status und gliederte diese
Neuankömmlinge so in die alteingesessene Aristokratie ein. Andererseits
verschaffte er Senatoren wieder vermehrt Zugang zu den wichtigen administrativen
Ämtern, und machte so die Bekleidung von Ämtern zu einem
zentralen Merkmal der Senatsaristokratie. Durch die Wiederherstellung
dieser Privilegien sowie auch die vorläufige Wiederherstellung
der Reichssicherheit sah man sich in einem neuen oder wiederhergestellten
Zeitalter (novum saeculum, reparatio saeculi). Es war eine
Zeit des Wachstums und der Prosperität; ungeheure Reichtümer
wurden angehäuft und dementsprechend war der durchschnittliche
Senatsadlige des 4. Jahrhunderts etwa fünfmal reicher als derjenige
des 1. Jahrhunderts.
Da nun der
senatorische Stand direkt mit der Ausübung von bestimmten Ämtern
verbunden wurde, war das Tor zum sozialen Aufstieg in den ordo
senatorius so weit wie nie zuvor aufgestossen. Im Verlauf des
4. Jahrhunderts schwoll dieser erste Stand von einigen hundert auf
etwa 2'000 Mitglieder an. Durch das Wachstum und die damit einhergehende
Diversifikation des ordo senatorius entstand vermehrt das
Bedürfnis, sich innerhalb des Standes gegen Gruppen niedrigeren
Sozialprestiges abzugrenzen. Valentinian I (364-375) schliesslich
schuf eine neue senatorische Hierarchie, welche den Senatorenstand
anhand bestimmter Ämter in verschiedene Stufen (gradus)
einteilte. Auf die Benennung und Eigenschaften der verschiedenen
gradus wird später noch genauer eingegangen. Grundsätzlich
konnte sich zum Senatorenstand zählen, wer mindestens über
den Rangtitel eines clarissimus verfügte. Ihren sozialen
Status leiteten die vornehmen Herren des Senatsadels von verschiedenen
interdependenten Faktoren ab. Diesem Katalog von Eigenschaften wenden
wir uns nun etwas genauer zu.
Bibliographie
Literatur zur Entwicklung des Senatsadels im 3. und 4. Jh.
• Jones Arnold H. M., The Later Roman Empire
284-602. A Social and Administrative Survey, Oxford 1964.
• Löhken Henrik., Ordines dignitatum.
Untersuchungen zur formalen Konstituierung der spätantiken Führungsschicht,
Köln/Wien 1982.
• Näf Beat, Senatorisches Standesbewusstsein
in spätrömischer Zeit, Freiburg 1995.
• Salzmann Michel Renee, The Making of
a Christian Aristocracy. Social and Religious Change in the Western
Roman Empire, Cambridge (MA) 2002.
• Schlinkert Dirk, Ordo Senatorius und
nobilitas. Die Konstitution des Senatsadels in der Spätantike,
Stuttgart 1996.